Nach der Sommerpause schöpfen Katrin & Mariëlle wieder aus dem Vollen und arbeiten ein ganzes Dutzend wissenschaftlicher Nachrichten auf, mit dabei ist außerdem ist eine Buchempfehlung für Chemie-Interessierte. Wie funktioniert eigentlich die Radiation von Arten? Ist es wirklich ratsam, Blaualgen-Präparate zur Nahrungsergänzung zu futtern? Wer bringt eigentlich die ganzen putzigen Beuteltiere um? Die Antwort auf diese Fragen und viele mehr gibt's hier zum Nachlauschen. Viel Spaß dabei!
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Sendungsnotizen
Erratum
1000µm, nicht 10 wie von Katrin in KNS008 behauptet, entsprechen 1mm (Danke, Martin!)
Wissenschaftsnachrichten
Polio
- Was hindert uns eigentlich daran, Polio auszurotten?
- “chronic excreters” = Menschen mit unvollständigem Immunisierungsprozess produzieren einen konstanten Virenstrom
- diese können das volle Krankheitspotential wilder Polioviren wiedergewinnen, und sogar zur Erkrankung des excreters führen
- solche Fälle sind rar gesät sind, sie zu finden ist aber geradezu unmöglich…
Eidechsen liefern Hinweise für doch nicht ganz so zufälligen Gang der Evolution
- Themenvorschlag von Christian
- Anolis-Arten, die auf verschiedenen Antillen-Inseln sehr ähnliche ökologische Nischen besetzen, haben fast gleichen Phänotyp, trotz unabhängiger Evolution.
- Deutliche Unterschiede nur in einigen Habitaten, speziell der Großen Antillen.
- Modellrechnungen zeigten Merkmale auf, die von Umwelteinflüssen zur Konvergenz getrieben werden.
- Konvergenz schon lange bekannt: Grabschaufeln von Maulwurf und Maulwurfsgrille
- Beispiel für Determiniertheit der Artentstehung und -eigenschaften, trotz zufälliger Mutationen (Selektion eben nicht zufällig)
- Vergleich: Fluss von Wasser durch geographische Landschaft => sammelt sich in Senken
- “Landschaft” der Umweltfaktoren dirigiert Lauf Evolution, trotz zufälliger Mutation
- Selektion dagegen von Umwelt determiniert
- Originalartikel: Mahler DL, Ingram T, Revell LJ, Losos JB (2013) Exceptional Convergence on the Macroevolutionary Landscape in Island Lizard Radiations. Science 341: 292–295.
Wie hängen Diversität und Morphologie nach Massensterben zusammen?
- Was passiert mit den Überlebenden eines Massensterbens: Sterben sie aus, passiert nichts mit ihnen, oder verlieren sie ihre Vielfalt & morphologische Ungleichheit durch den Flaschenhals-Effekt?
- Neue Studie beleuchtet eben dies am Beispiel eines Massensterbens am Ende des Perm
- end-Permian mass extinction event (EPME; about 252 Ma)
- hier: Massenradiation nach dem EPME an anomodonten Therapsiden (meist zahnlose Herbivore)
- Anomodonte im mittleren Perm waren äußerst vielfältig in Morphologie und Lebensraum
- nach dem EPME war nur eine handvoll Arten übrig (2-5 von 41 bekannten)
- im Trias enstanden wieder viele Arten, die morphologische Ungleichheit war jedoch gering, was vielleicht auch auf mangelnde ökologische Möglichkeiten zurückzuführen ist
- diesem Beispiel folgend ließe sich schließen, dass taxische Diversität und morphologische Ungleichkeit nicht aneinander gekoppelt sind, und auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind
3D-Nanochemiskop
- Rasterkraftmikroskop + Flugzeitmassenspektrometer
- Probe auf 5-Achsen-Halter im Vakuum, sodass beide Instrumente abwechselnd auf gleiche Stelle zugreifen können, ohne Verschmutzung oder Oxidation riskieren zu müssen
- gefördert von der EU im 7. Forschungsrahmenprogramm
- entwickelt an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Versuchsanstalt für Industrie, Bauwesen und Gewerbe (EMPA; Teil der ETH Zürich)
- Projekthomepage
Die Quelle von MERS-CoV?
- Das Reservoir des seit April 2012 bei Menschen auftretenden MERS-Coronavirus war bisher unbekannt
- man hat von Anfang an Fledermäuse als Reservoir vermutet – wie so oft – da sie jede Menge Coronaviren beherbergen
- 96 Fledermäuse (Egyptian Tomb bats) wurden gesampled, und in den Ausscheidungen eines Tieres fand sich ein identisches RNA-Fragment (CoV sind ss-RNA-Viren)
- Der Chef der Studie ist überzeugt, das Virenreservoir gefunden zu haben, doch gibt es auch Kritik
- Das Fragment ist mit 190bp sehr kurz im Verglich zum gesamten Virus-Genom (30’000bp)
- darum könnte es auch einfach nur ein nah verwandtes Virus sein
- Daher: Die Suche geht weiter!
Die Evolution von H7N9 deckt neue Gefahren auf
- Hintergrund: über 135 Fälle von H7N9 beim Menschen seit Februar mit 44 Todesfaellen
- Forscher haben die Evolution des Virus nachverfolgt: H7N9 ist parallel mit H7N7 entstanden
- Das zeigt, dass Viren der Gruppe H7 kontinuierlich genetisches Material austauschen können (vor allem Enten kommen als Schmelztiegel in Frage)
- Auch scheint es, als seien die Stämme H7N7 und H7N9 durch Kreuzung anderer, häufigerer Stämme entstanden
- Konsequenz: mehr Kontrollen & Hygiene, vor allem auf Geflügelmärkten. Allerdings wird es wohl immer nur eine Frage der Zeit sein, bis mal etwas durch die Kontrollen schlüpft
Cyanobakterien haben komplexere Lichtrezeptoren als Landpflanzen
- Themenvorschlag von Specht
- Landpflanzen nutzen blauen & roten Anteil des Lichtspektrums zur Photosynthese
- Lichtsammelkomplexe aus Proteinen & Pigmenten leiten Photonen zu Reaktionszentren weiter (wie Trichter das Regenwasser)
- Photosynthese = Wasserspaltung, Protonentransport, (Quantenausbeute ca. 85%; Photovoltaik aktuell unter 30%)
- Regulation der Photorezeptoren erlaubt Anpassung an Lichtverhältnisse
- Cyanobakterien zapfen mit zusätzlichen Pigmenten noch Grün & Dunkelrot an
- beziehen offenbar die Verhältnisse der Lichtanteile in Regulation ihrer Photosynthese mit ein
- http://memegenerator.net/instance/41029771
- Originalartikel: Bussell A, David M. Kehoe D (2013) Control of a four-color sensing photoreceptor by a two-color sensing photoreceptor reveals complex light regulation in cyanobacteria. PNAS
Nahrungsergänzungsmittel aus Cyanobakterien bringen’s nich’
- Streisand-Effekt: Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln auf Basis von Cyanobakterien versuchen mit “rechtlichen Schritten” die AG Dietrich am Veröffentlichen einer Studie zu hindern
- Microcystine = Peptide, die in Leberzellen Phosphatasen inhibieren => akut: Leberversagen, chronisch: Krebs
- Algenblüten bestehen oft aus Cyanobakterien
- Methoden: Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) & Protein-Phosphatase-Inhibitions-Assay
- Ergebnisse: Nachweis der Toxine in einigen Produkten => einfach meiden & ausgewogen essen
Nikotin und Persönlichkeit
- Rauchen während der Schwangerschaft ist keine gute Idee:
- Frühchen, geringes Geburtsgewicht, Fehlgeburten
- erhöhtes Risiko für Nikotinabhängigkeit im späteren Leben
- der Mechanismus war bisher unbekannt, wurde jetzt aber anhand einer Studie in Ratten aufgeklärt
- bestimmte Neuronentypen in den Schaltzentren des vegetativen Nervensystems scheinen durch Nikotinexposition im Mutterleib vermehrt vorzukommen, und führen so zur Überproduktion von Signalsubstanzen
- E-Zigaretten und Nikotinpflaster haben dabei so ziemlich den gleichen Effekt
- Ähnliches wurde auch schon für fetthaltige Nahrung und Alkohol während der Schwangerschaft gefunden
- Plan: Effekte dieser drei Substanzen vergleichen und einen Weg finden, deren Effekte in utero zu neutralisieren
Vögel passen ihr Fluchtverhalten an Straßen dem Geschwindigkeitslimit an
- nicht der Geschwindigkeit einzelner Autos!
- Auswirkungen von Fern-/Schnellstraßen: Verringerung der Biodiversität, Trennung von Populationen, erhöhte Mortalität
- Flight initiation distance (FID; Fluchtinitiationsdistanz) variiert zwischen Arten & ist von Umweltfaktoren (Futterverfügbarkeit, Art der Gefahr etc.), sowie Situation des Individuums abhängig
- Korrelation der Geschwindigkeitslimits (außer- & innerorts) mit FID => höheres Limit = früherer Fluchtreflex
- “The interaction between car speed and speed limit was not significant.”?!?
- Originalartikel: Legagneux P, Ducatez S (2013) European birds adjust their flight initiation distance to road speed limits. Biol Lett 9
- Möglichkeit der Anpassung einheimischer Vogelarten ist Argument für allg. Tempolimit.
Australiens ökologischer Missetäter
- Langnasenbeutler)
- Analyse einer großen Datenbank zu Inseln, deren nativen Säugetier-Bewohnern und Invasoren ergab folgendes Resultat:
- Katzen, Füchse und Dingos sind nicht, wie häufig behauptet, die schlimmen Übeltäter, sondern Wanderratten
Prähistorische Culinaria
- Ein Aerchäologenteam hat 6000 Jahre alte Speiseüberreste in Schüsseln aus Fundstellen in Dänemark und Norddeutschland untersucht
- Phytolithe, mineralische Pflanzenstrukturen verrieten den Forschern die Verwendung von Knoblauchrauke zur Würzung der Gerichte
Chemischer Angriff in Syrien
- Interview mit einem an der Analyse der Proben beteiligten Chemiker
Buchempfehlung
Hugh Aldersey-Williams schreibt gut verständlich und munter über die Entdeckungsgeschichten vieler Elemente, das Leben ihrer Entdecker und diverse Anekdoten aus der Chemie.
- Periodic Tales: The Curious Lives of the Elements
- Das wilde Leben der Elemente: Wie Chemie Geschichte gemacht hat
Nachrichtenquelle
Hausmeisterei
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